Programmatic Advertising. Nickt man immer dazu, wenn das jemand in einem Meeting ganz bedeutungsschwanger sagt. Was ist das aber nochmal genau? Schauen wir also unter die Haube. Schadet ja schließlich nie, noch mal die Basics auf die Reihe zu bekommen.
Programmatic Advertising bezeichnet grundsätzlich den automatisierten Einkauf von Werbeinventar durch einen Werbetreibenden (Advertiser) oder durch eine im Auftrag des Advertisers handelnde Mediaagentur. Dieser Einkauf hat in der Praxis einiges an Vorteilen gegenüber dem herkömmlichen Einkauf, während dem man unzählige Mails an Publisher versandte und einiges an Handarbeit involviert war, bis man seine Online-Werbemittel auch tatsächlich auf der gewünschten Website aufblitzen sah.
Nehmen wir an wir sind ein Verkäufer von urbanen Fahrrädern (Hipsteralarm) und wollen die in allen Städten Österreichs an den Mann und die Frau bringen. Dazu musste man früher händisch Websites auswählen, von denen man annahm, dass sie von der Zielgruppe (Personen in zu engen Jeans, Wollmützen und Holzfällerhemden) besucht werden. Anschließend musst man mit jeder dieser Websites in Kontakt treten und über Mail und Telefon die Konditionen über Kampagnenlaufzeit, Banner (also die Werbeformate), Preis und genaueres Targeting aushandeln. War man damit fertig, wurden die Werbemittel an die Website-Betreiber gesendet und diese dann von einem dort ansässigen AdOperations-Team unter den ausgehandelten Konditionen eingebucht. Nach Ablauf der Kampagne (manchmal auch bereits währenddessen) bekam man einen Report über die generierten AdImpressions und Clicks, die die Banner generiert haben.
Programmatic Advertising will diese Handarbeit (verständlicherweise) eliminieren. Das heißt, die Angebots- und die Nachfrageseite zusammenzubringen, das verfügbare Inventar und die passenden Banner darzustellen und durch ein Auktionsverfahren den Preis zu bilden. Anschließend soll auch noch das richtige Werbemittel an das richtige Placement übermittelt werden.
Wie gelingt das aber konkret? Dazu braucht es drei technische Plattformen, die untereinander agieren:
Die Supply Side Platform ist das Werkzeug der Publisher. Hiermit werden die auf einer Website verfügbaren inventarisiert und anschließend nach außen als verfügbar kommuniziert. Außerdem kommunizieren sie an potentielle Käufer, zu welchem Preis Werbeplätze zur Verfügung stehen (manche Publisher haben für ihre Werbeplätze einen Mindestpreis). Jeder Publisher, der sein Inventar für Programmatic Advertising zur Verfügung stellt, tut dies über eine SSP. Beispiele dafür: OpenX, der Google Ad Manager oder Xandr.
Demand Side Platforms sind das Gegenstück zu SSPs. Diese verwalten die zu schaltenden Banner von einem oder mehreren Advertisern. Parallel zu den Bannern sind sie auch dafür verantwortlich, dass die Banner mit dem richtigen Targeting versehen werden und Werbeplätze zu einem möglichst günstigen Preis eingekauft werden. Jeder Advertiser, der Werbeplätze programmatisch einkaufen will, benötigt dazu eine DSP. Beispiele dafür: Adform, Google Marketing Platform oder The Trade Desk.
Ad Exchanges bringen SSPs und DSPs zusammen. Man kann sich Ad Exchanges wie die Börse vorstellen, an der Angebot und Nachfrage zusammenkommen. Hier wird ein Werbeplatz zur Auktion angeboten und anschließend der höchstbietende Banner an den entsprechenden Werbeplatz weitergeleitet. Bekannte Ad Exchanges sind OpenX, Rubicon Project oder Pubmatic. (Ja, manche SSPs sind auch Ad Exchanges. Hat auch keiner behauptet, dass das Thema nicht kompliziert werden kann.)
Fun Fact: Dieser Ablauf passiert im Programmatic Advertising für jede einzelne AdImpression. Das heißt, sobald jemand eine Website besucht, auf der ein Werbeplatz frei ist, registriert das die SSP und diese löst auf einem Ad Exchange eine Auktion aus, an welcher dann mehrere DSPs teilnehmen. Dauer dieser Aktion inklusive Übermittlung der Banner an die Website: ein paar Zehntelsekunden.
Die Anzahl an potentiellen Bietern kann vom Publisher auch eingegrenzt werden. Dann spricht man nicht mehr von einer „Open Auction“ wie oben dargelegt, sondern von sogenannten „Private Auctions“. Hier können dann nur vom Publisher handverlesene Advertiser auf sein Inventar bieten. Das kann für Publisher dann Sinn machen, wenn er keine große Lust auf zwielichtige Ads auf seiner Website hat. Ich zähle da jetzt keine Beispiele auf und vertraue auf die bunte Vorstellungskraft der geneigten Leserschaft. Penis.
PS: Wird auch von manchen Private Marketplace genannt, weil wir’s im AdTech-Bereich gerne verwirrend haben.
Wäre ja zu einfach, wenn’s das wäre. Dieses Auktionsverfahren ist nämlich das, was auch unter Real Time Bidding fällt. Also die Echtzeit-Auktion. Somit hätten wir auch die Anfangsfrage geklärt. Nicht alle Programmatic-Kampagnen fallen aber unter Real Time Bidding, weil schlicht und einfach der Bidding-Prozess fehlt.
Hier wird zwischen einem Advertiser und einem Publisher ein fixer Preis (auf CPM-Basis) vereinbart. Wann auch immer der Advertiser dann einbuchen will, kann er das zu diesem Preis tun. Ein garantiertes Volumen gibt es aber von Publisher-Seite nicht. Diese Art der Buchung bekam in den letzten Jahren wieder mehr Aufwind. Die Vorteile liegen in der klaren Transparenz für den Publisher wer denn hier so wirbt und für den Advertiser ist durch den ausgemachten CPM eine gewisse Planbarkeit gegeben.
Hier wird im Vorhinein ein fixer Preis und ein fixes Volumen (für z.B. ein Jahr) zwischen Advertiser und Publisher vereinbart. Wann dieses Volumen abgefragt wird, ist oft dem Advertiser überlassen. Dafür, dass er sich zu einem gewissen Volumen verpflichtet, bekommt er aber vom Publisher einen günstigeren Preis. Wird auch von manchen Programmatic Direct oder Automated Guaranteed genannt, weil – eh schon wissen.
In der Praxis hat also Programmatic Advertising sowohl für den Publisher als auch für den Advertiser einige Vorteile alleine durch die schnellere Abwicklung. Zusätzlich kann bei all diesen Buchungen ein Targeting mitgegeben werden, das auch jederzeit noch auf DSP-Seite angepasst werden kann, ohne dass man die Publisher (also die SSPs) informieren muss.
Das alles klingt in der Theorie aber etwas zu unkompliziert. Das Setup und die Kompatibilität zwischen den Systemen können oft zu mehr Kopfweh führen als eine Polterei in Prag. Der überwiegende Teil liegt hier in Trial und Error. Einfach mal machen. Die gute Nachricht: Wenn’s dann mal steht, ist es für alle beteiligten eine effiziente Art und Weise im Online-Bereich Werbung einzukaufen oder Werbeplätze zu verkaufen. Keiner hat schließlich die Zeit, am Tag zig Mails hin- und herzuschicken.